Kostenerstattung für privat versicherte Patienten

Kostenerstattung für privat versicherte Patienten

Wenn privat versicherte Patienten von ihren Versicherern die Kosten für unkonventionelle Therapieverfahren erstatten lassen möchten, stoßen sie häufig auf Widerstände. Oft versuchen die Krankenversicherungsunternehmen, bestimmte Behandlungsmethoden bindend zu machen. Häufig sind das kostengünstige und erprobte – das heißt ausreichend oft angewendete und daher als fundiert anzunehmende – Verfahren. Die Versicherungsunternehmen begründen diese Vorgehensweise einerseits mit der Notwendigkeit, Gewinne zu erzielen, andererseits mit der Uneinigkeit bezüglich der medizinischen Notwendigkeit einiger Behandlungsverfahren.

Den Patienten ist in den allermeisten Fällen nicht bewusst, bei welchen Behandlungsmethoden die Versicherungsunternehmen tatsächlich zur Kostenerstattung verpflichtet sind. Im Zuge der sich immer weiter diversifizierender Methoden müssen sie die Kosten nämlich auch für solche Behandlungspraktiken erstatten, die nicht Teil des üblichen schulmedizinischen Kanons sind. Genau das hat nämlich die Rechtsprechung in verschiedenen Urteilen gezeigt und klar gestellt, dass auch Maßnahmen der Alternativmedizin unter bestimmten Gesichtspunkten von den privaten Krankenversicherern zu erstatten sind.

Heilpraktikerleistungen

Wenn Sie privat versichert sind und Ihr privater Krankenversicherungsvertrag oder eine entsprechende Zusatzversicherung die Kostenerstattung für Heilpraktikerleistungen vorsieht, haben Sie gute Karten. Die Leistungspflicht gilt nämlich auch, wenn ein Arzt diese Leistungen erbringt. Die Verweigerung der Kostenübernahme für Heilpraktikerleistungen, die von einem Arzt durchgeführt werden, ist rechtlich nicht zulässig, da sie gegen das sogenannte Gleichstellungsprinzip verstößt.

Leistungen der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte)

Alle Leistungen der GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) sind als uneingeschränkt erstattungsfähig zu werten. Hierzu gehören beispielsweise die lokale Tiefenhyperthermie und die Akupunktur zur Schmerzbehandlung. Die Tatsache, dass man diese Methoden in die GOÄ aufgenommen hat, bestätigt, dass es sich hier um Therapieverfahren handelt, die in die moderne westliche Medizin integriert sind und deren Wirksamkeit in zahlreiche Studien und durch langjährige praktische Anwendung nachgewiesen ist.

Die Wissenschaftsklausel

In vielen Verträgen von Anbietern einer privaten Krankenversicherung findet sich eine Klausel, die die Kostenübernahme bei solchen Maßnahmen ausschließt, die wissenschaftlich nicht als allgemein anerkannt gelten. Der Bundesgerichtshofes erklärte diese sogenannte „Wissenschaftsklausel“ im Jahr 1993 in einem Urteil für nichtig, da sie wesentliche Rechte des Versicherungsnehmers einschränkt. Unter bestimmten Voraussetzungen (s. u.) können Sie als privat versicherter Patient also auch für solche Leistungen eine Kostenübernahme einfordern, die wissenschaftlich nicht als allgemein anerkannt gelten.

Medizinische Notwendigkeit

In einem Grundsatzurteil hat das BGH (10.07.1996; AZ: IV ZR 133/95) definiert, welche Maßnahmen als medizinisch notwendig gelten dürfen. Demnach gilt eine medizinische Behandlungsmaßnahme dann als medizinisch notwendig, „wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen.“

Es ist hierbei nicht ausschlaggebend, ob diese wissenschaftlichen Erkenntnisse bereits in der schulmedizinischen Fachliteratur ausreichend beschrieben bzw. bewertet wurden. Auch Außenseitermethoden können damit nicht länger per se als nicht-erstattungsfähig diskriminiert werden.

Das OLG Koblenz präzisierte ferner, wie die Annahme der medizinischen Vertretbarkeit einer neuen Methode zu prüfen sei. Sie liege vor, wenn, „diese zur Heilung, Linderung und Verhinderung der Ausbreitung der in Rede stehenden Erkrankung geeignet ist“. Außerdem sei die Wahl der Behandlungsmethode „grundsätzlich vom Versicherungsnehmer und seinem behandelnden Arzt zu treffen“. Und nicht etwa von einem von der Versicherungsgesellschaft angestellten „Beratungsarzt“.

Fazit

Gerade bei einer Krebstherapie sind die Behandlungsmöglichkeiten vielfältig. Die Wahl der jeweiligen Methode hängt stark vom individuellen Geschehen und vom Stadium der Krankheit ab. Damit ist der Ermessensspielraum, innerhalb dem von einer medizinischen Notwendigkeit gesprochen werden kann, aber auch besonders groß.

Die Rechtsprechung der letzten Jahre hat Patienten und Ärzten eine freie Wahl bezüglich der therapeutischen Maßnahmen eingeräumt. Sie können als Patient also Ihre Therapie frei wählen. Die Voraussetzung ist jedoch, dass Sie einen Arzt finden, der Sie in Ihrer Wahl unterstützt und die Therapie durchführt.
Für die Kostenübernahme durch die PKV muss das Therapieverfahren auf jeden Fall medizinisch begründbar sein. Außerdem sollte sich die Methode bereits in der Praxis erprobt haben. Dies kann experimentelle Therapieverfahren eventuell ausschließen.

Weiterführende Informationen und Hinweise

Wir haben für Sie ein umfangreiches PDF mit weiteren Tipps und Hinweisen zur aktuellen Rechtsprechung zum Thema Kostenerstattung für privat versicherte Patienten bei unkonventionellen Krebstherapieverfahren zusammengestellt:

Bitte beachten Sie, dass die hier bereitgestellten Informationen lediglich zu Ihrer allgemeinen Orientierung dienen. Sie stellen ferner keine individuelle Beurteilung Ihrer Situation dar. Möglicherweise benötigen Sie eine individuelle Beratung durch einen auf Medizinrecht spezialisierten Fachanwalt.